Genehmigungspraxis der Stadt Oldenburg für Wahlwerbung
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
von einem Bürger wurde ich am heutigen Abend auf Plakate aufmerksam gemacht, die in Teilen der Stadt hängen und folgenden Inhalt haben:
„Manifest für ein lebendiges Oldenburg! – Eins ist sicher: Corona wird enden und unser Oldenburg öffnet sich wieder! – Dann machen wir Oldenburg wieder zum Erlebnis! Unsere Stadt wird ein Ort für Kunst, Kultur, Shopping und Events. Wir werden in der Innenstadt gemeinsam Feste feiern und Konzerte besuchen. Wir werden Leerstände nutzen, um das Handwerk und Kreative in die Stadtmitte zu holen. Wir locken die Menschen vom Internet zurück auf die Straße. Das geht aber nur mit einer starken, tatkräftigen Stadtspitze. Jürgen Krogmann – Ihr Oberbürgermeister“
In der rechten unteren Ecke prangt ein gelber Aufkleber mit Bubbles in der rechten und „OL“ in der linken Hälfte. Die Kombination entspricht dem Design der von STOCKWERK2 (https://stockwerk2.de/portfolio_page/branding-und-urban-communication-strategy-oldenburg/) konzipierten Bewerbungskampagne für den Wettbewerb „Stadt der Wissenschaften“ des Jahres 2009. Seither schmücken diese Bubbles auch den offiziellen Auftritt sowie die Publikationen der Stadt Oldenburg.
Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes ist laut Plakat „SPD-Unterbezirk Oldenburg-Stadt, Huntestr. 23, 26135 Oldenburg“.
Der Bürger informierte mich des Weiteren darüber, dass er zwei Personen, die am Plakatieren waren, gefragt habe, ob es sich hierbei um Wahlwerbung handelt. Die zwei Personen sollen geantwortet haben, dass es sich nicht um Wahlwerbung, sondern um eine „Kampagne des Oberbürgermeisters“ handle.
Vor diesem Hintergrund bitte ich um Beantwortung folgender Fragen:
- Die Verwendung des städtischen Aufklebers deutet darauf hin, dass zum Aufhängen der Plakate eine Genehmigung erfolgte: Das Anbringen wie vieler Plakate wurde demnach für welchen Zeitraum genehmigt und unter welcher Art von Werbung wurde die Genehmigung erteilt?
- Teilt die Stadtverwaltung die Auffassung, dass es sich hierbei um Wahlwerbung handelt? Wenn nein: Aus welchen Gründen nicht und um welche Art der Werbung handelt es sich laut Auffassung der Verwaltung dann?
- Wurde das Rechtsamt um eine Einschätzung gebeten, ob diese spezielle Art der Wahlwerbung vor dem offiziellen Stichtag zur Zulassung von Wahlwerbung zur Kommunalwahl (12.07.2021) bereits zum jetzigen Zeitpunkt genehmigungsfähig bzw. zulässig ist?
Wenn ja: Zu welchem Ergebnis kam das Rechtsamt und wer hatte diese Einschätzung zu welchem Zeitpunkt veranlasst?
Wir bitten um schriftliche Vorlage des Prüfergebnisses.
- Sollte die Stadtverwaltung zu dem Ergebnis gelangt sein, dass diese spezielle Art der Wahlwerbung vor dem offiziellen Stichtag zulässig ist: Warum wurden aus Gründen der Chancengleichheit die anderen zu den Wahlen antretenden Parteien nicht über diesen Umstand informiert?
- Wie erklärt sich der Stadtverwaltung die Auskunft, dass es sich hierbei um eine Kampagne des Oberbürgermeisters handeln würde?
Mit freundlichen Grüßen
gez. Sebastian Beer
Die Norwest-Zeitung hat daraufhin am 24.06.2021 redaktionell mit der Überschrift „Heftiger Gegenwind für SPD und Oberbürgermeister“ berichtet. Tags zuvor ist das Thema mit einer Glosse eingeleitet worden.
Am 02.07.2021 hat die Stadtverwaltung die gestellten Fragen wie folgt beantwortet:
Zu Frage 1:
Die Stadtverwaltung genehmigte kostenpflichtig das Anbringen von 100 DIN-A1 Plakaten für den Zeitraum vom 18.06.2021 bis 02.07.2021. Die Genehmigung erfolgte als straßenrechtliche Sondernutzung. Im Rahmen des Antrags werden die Auswirkungen der Benutzung der Straße über den Gemeingebrauch hinaus beurteilt, insbesondere im Hinblick auf mögliche Beeinträchtigungen von Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs; hierbei erfolgt keine Differenzierung hinsichtlich der Art von Werbung. Die Genehmigung erfolgte nach der städtischen Plakatierungsrichtlinie vom 01.11.2018.
Zu Frage 2:
Die Stadtverwaltung hatte über den gestellten Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zu entscheiden und diesen nach straßenrechtlichen Kriterien zu bewerten. Hierfür kam es auf die Beurteilung, ob es sich um Wahlwerbung handelt, nicht an.
Zu Frage 3:
Das Fachamt bat das Rechtsamt der Stadt Oldenburg am 02.06.2021 um eine rechtliche Einschätzung, ob der Plakatierung rechtliche Gründe entgegenstehen. Nach Auskunft des Rechtsamtes standen der Genehmigung keine straßenrechtlichen Versagungsgründe entgegen. Gegenstand der Prüfung war ebenfalls die Anwendbarkeit des Runderlasses „Lautsprecher-und Plakatwerbung aus Anlass von Wahlen“ vom 20.8.2020. Die Plakatierung ist nach Maßgabe des Runderlasses nicht privilegiert (z.B. durch Gebührenfreiheit). Die Beurteilung und Entscheidung über den gestellten Antrag erfolgte allein nach allgemeinen straßenrechtlichen Kriterien.
Zu Frage 4:
Da die Prüfung der Tatbestandsmerkmale des Runderlasses „Lautsprecher-und Plakatwerbung aus Anlass von Wahlen“ eine Privilegierung der Plakatierung nicht bestätigte, hatte die Stadtverwaltung allein nach straßenrechtlichen Kriterien über den Antrag zu entscheiden. Eine (rechtliche) Verpflichtung zur Unterrichtung ist nicht gegeben.
Zu Frage 5:
Hierbei handelt es sich nicht um eine Aussage der Stadtverwaltung.
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