Stellungnahme zur Entscheidung im Rat in Sachen BDS:
Am Montag, den 25.03.2019, standen ein Verwaltungsvorschlag sowie ein Änderungsantrag der CDU zur Abstimmung, die sich beide zur BDS äußerten und zum Ziel hatten, antisemitische Äußerungen im PFL zukünftig zu unterbinden. Ein Änderungsantrag der Gruppe Die.Linke/Piratenpartei zum CDU-Antrag wurde von letzterer übernommen.
Die Ratsfraktion der GRÜNEN ist der Meinung, dass es nicht Aufgabe der Politik sein kann, einer einzelnen Organisation entgegen der Kommunalverfassung den Zugang zu den städtischen Räumen zu verwehren, sondern dass es darum gehen muss, einen allgemeingültigen Maßstab zu finden, indem antisemitistischen Äußerungen generell kein Raum in den Räumen der Stadt Oldenburg gewährt wird. Deswegen unterstützen wir den Änderungsantrag der CDU, der aus unserer Sicht einen rechtssicheren Umgang mit der Problematik ermöglicht.
Die BDS und Nahestehende kritisieren, dass dadurch eine Einschränkung der Meinungsfreiheit einträte. Selbstverständlich verteidigen die GRÜNEN die Redefreiheit, die auch die Kritik der Regierungspolitik beliebiger Staaten beinhaltet. Allerdings hat die Redefreiheit auch Grenzen, die z.T. auch strafbar sind, z.B. Verleumdungen. Eine Lehre aus dem Holocaust ist auch Art. 3.3, der eine gruppenbezogene Diskriminierung verbietet, z.B. nach Abstammung, Rasse, Heimat, Herkunft, Glauben etc. Insofern beschränken die Anträge die Redefreiheit überhaupt nicht, stattdessen ziehen sie Konsequenzen, was bei Überschreitung der Grenzen geschehen soll und zwar sollen die städtischen Räumlichkeiten nicht für antisemitistisches Gedankengut bereitgestellt werden.
Die GRÜNEN distanzieren sich klar von der BDS und lehnen den Versuch ab, Israel zu boykottieren und zu isolieren. Dieses belegen u.a. Beschlüsse des Stadtverbandes Oldenburg als auch der Landesdelegiertenkonferenz der niedersächsischen GRÜNEN. Es gibt einige Beispiele, an denen Antisemitismus festgemacht werden kann. Zum Beispiel, wenn das Existenzrecht Israels nicht anerkannt wird. So lehnt der Gründer der BDS Bewegung einen jüdischen Staat, egal in welcher Form, in Palästina ab. Die Oldenburger BDS Kampagne grenzt sich unserer Erachtens von solchen Aussagen nicht ab, sondern zeigt sich solidarisch.
Ebenfalls als antisemitisch können Äußerungen gewertet werden, die behaupten, dass die Existenz eines Staates Israel ein rassistisches Unterfangen ist. In einem Positionspapier der BDS sind Sätze zu finden wie: „Die Umsetzung dieses rassistischen Projekts wurde mit Unterstützung der imperialistischen westlichen Großmächte (insbesondere Großbritannien und die Vereinigten Staaten) und später der Vereinten Nationen durch eine Politik und Praxis der Kolonialisierung und des Bevölkerungstransfers („ethnische Säuberung“) verfolgt […]“.
Ebenfalls kritisch sind Vergleiche der aktuellen israelischen Politik mit denen der Nazis. Teile von PACBI, ein zur BDS Kampagne gehörender akademischer und kultureller Boykott Israels, vergleichen die Situation am Gaza Streifen mit Konzentrationslagern. Außerdem verfolgt PACBI eindeutig das Ziel, Israel zu isolieren. Wiederholt wurde Druck auf Künstler*innen ausgeübt, um die Absage von Konzerten in Israel zu erwirken.
Auch der Eurovision Songcontest in Israel soll verhindert werden und wird als „pinkwashing“ Israels dargestellt, aber es wird kein Wort darüber verloren, dass Homosexualität in Teilen Palästinas unter Strafe steht. Und dann gab es noch die Bestrebung, pro israelische Veranstaltungen auf der Leipziger Buchmesse 2015 zu boykottieren. Es wurde gefordert, dass israelische Autoren ausgeschlossen werden sollten, nur weil sie aus Israel kommen und damit pauschal für die israelische Politik mitverantwortlich gemacht werden. Es finden sich noch einige weitere kritische Aussagen aus der BDS-Kampagne, die eine Ablehnung dieser rechtfertigen.
Nicht nur die BDS verhält sich antisemitisch, auch andere Bewegungen verhalten sich antisemitisch und auch diesen soll nach Meinung der GRÜNEN die Nutzung der städtischen Räumlichkeiten untersagt werden. Hier gilt für uns der Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Änderungsantrag der CDU beschränkt sich unseres Erachtens richtigerweise nicht allein auf die BDS, sondern erhebt den Anspruch, jegliche Form des Antisemitismus aus städtischen Räumen fern zu halten und beauftragt daher die Stadtverwaltung die Satzung zur Überlassung von Räumlichkeiten entsprechend zu überarbeiten. Dieser Forderung können wir uns GRÜNEN nur anschließen.
Eine Definition von Antisemitismus ist juristisch schwierig. Die Stadt München hat sich einer Definition bedient, die unserer Meinung nach nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Darüber hinaus ist das Urteil des Verwaltungsgerichts München noch nicht rechtskräftig. Die Stadtverwaltung Oldenburg sah in einer Übernahme des Vorgehens in München eine Möglichkeit, die BDS aus unseren Räumlichkeiten zu halten. Die Mehrheit des Rates teilt diese Zuversicht nicht und möchte daher die Rechtssicherheit über den nun eingeschlagenen Weg erreichen. Letztlich werden vermutlich abermals Gerichte urteilen, ob auch dieses Weg ausreichend ist.
Die GRÜNEN Fraktion in Oldenburg wendet sich damit gegen jede Form des Antisemitismus, gleich wer diesen verbreitet. Die GRÜNEN distanzieren sich von der BDS, weil sie sich in Teilen antisemitisch verhält. Auch wenn wir GRÜNEN den Änderungsantrag der CDU bevorzugten, hätten wir bei mangelnder Mehrheit letztlich der Beschlussvorlage der Verwaltung zugestimmt, um diesen angedachten Weg eines Ausschlusses nicht unversucht zu lassen.
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